Sommerfrische, irgendwann in den 50er-Jahren. Meer, Haus, Pinienwald, Bootsanleger. Frankreich. Eine glückliche Zeit für die 17-jährige Cecile (Jean Seberg) und ihren playboyhaften Vater (David Niven). Sommer, das ist für die beiden immer eine Auszeit vom anstrengenden Leben in der Pariser Society, und es ist eine Auszeit von den Erinnerungen an die Zeit, als Ceciles Mutter noch da war.

Cecile, oberflächlich selbstbewusst und weltgewandt, hat sich nie so recht damit arrangiert, dass ihre Mutter tot ist. Innerlich ist Cecile fast noch ein Kind. Ihr Vater ist inzwischen übermenschliche Bezugsperson, bester Freund, Flirtpartner geworden. Eine eigenartige, enge Beziehung verbindet die beiden.

Plötzlich taucht Anne (Deborah Kerr), eine alte Liebschaft des Vaters auf und stört das Verhältnis von Vater und Tochter empfindlich. Anne will nicht nur das Playboy-Dasein des Vaters beenden, indem sie den alten Herrn klarmacht. Sie schlüpft auch in eine Mutterrolle, in der sie Cecile erziehen und kontrollieren will. Das Mädchen, gerade selbst zwischen kindhafter Naivität, erster Liebe und pubertärem Trotz festgefahren, unternimmt einen verzweifelten Schritt, der alle Beteiligten ins Unglück stürzt.

Das klingt schnulzig, ist es aber so gar nicht. David Niven brilliert, leicht übertrieben,in der Rolle des Playboys, die ihm auf den Leib geschrieben sein könnte. Die viel zu früh verstorbene Jean Seberg füllt Cecile mit ihrer faszinierenden Ausstrahlung zwischen Teenager und Lolita aus. Beide stehlen Deborah Kerr die Schau, deren Rolle aber auch bewusst eher blass angelegt ist. Der Regisseur Otto Preminger, übrigens gebürtiger Österreicher, betreibt klassisches Geschichtenerzählen der gelungenen Sorte. Sachte führt er seine Figuren ein, lässt Bilder, Dialoge und Situationen für sich selbst sprechen. Langsam entfaltet sich die Handlung in großartig gefilmten Bildern, zunächst im Schwarzweiß der Gegenwart, bald schon im Technicolor der Vergangenheit, denn der größte Teil des Films ist Rückblende. Immer tiefer wird die Protagonistin hineingezogen in die jugendliche Verzweiflung und in ihren alternativlosen Plan dessen Tragweite sie selbst nicht einschätzen kann. Das passiert langsam, subtil: Während im Hintergrund noch das Azur des Meeres und das warme Braun der felsigen Küste strahlt, wird die Enge, in die sich Cecile getrieben fühlt, auch für den Zuschauer immer unangenehmer.

Nur manchmal geht es zu schnell: Während das Misstrauen gegenüber Anne unterschwellig aufgebaut wird, kommen ihre Interventionen in Ceciles Leben zu plötzlich. Die Hausaufgabenkontrolle, das Ertappen von Cecile mit ihrem jungen Liebhaber, das kommt so schnell und anlasslos, dass es nicht zum sonstigen Erzähltempo des Filmes passt. Es bleiben auch diese Szenen notwendige Wendepunkte der Geschichte, sodass sie verzeihlich sind, ungeschickt umgesetzt sind sie aber allemal.

Was sich Preminger allerdings bei Ceciles Off-Kommentaren gedacht hat, wäre schön zu wissen. Immer wieder breitet das Mädchen seinen Seelenzustand in schnulzigen, pseudointelligenten Worten aus. Die Monologe wirken wie nachträglich hineingeschrieben, weil irgendjemand den Film nicht verstanden hat. Dabei erklären sie nichts anderes als das, was der Zuschauer durch die hintergründigen Bilder sowieso schon erzählt bekommt und zerstören so ein Stückchen Stimmung, die gerade noch in großen Breitwandbildern aufgebaut wurde.

Insgesamt ist Bonjour Tristesse schönes Charakterkino, eine klassische Tragödie, im besten Sinne eine Soap in breitem Technicolor.

Dramaturgie: +
Sex: +
Bilder: +
Story: o
Musik: ?
Schauspiel: +
Durchblick: +

Flattr this!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Website