Ein Auto rast heran, hält auf dem Hof vor dem kleinen Mädchen und dem Jungen. Ein Mann springt heraus, es ist der Vater. Eilig schärft er den Kindern ein, nichts von dem Geld zu verraten, das er ihnen im letzten Moment in die Hand drückt. Viel Geld. Dann: Polizei, Verhaftung, Galgen. Witwe.

Die Geschichte kreist um einen Priester, den der Gehenkte kurz vor seinem Tod im Knast kennengelernt hat – nicht Gefängnisprediger, sondern Zellengenosse. Der Priester kriegt was von dem Geld spitz und begibt sich auf die Jagd. Zuerst auf die Witwe, dann auf das Geld und schließlich auf die Kinder.

Der Film beginnt wie ein Krimi, durchmacht ein Zwischenstadium als Noir-Fantasie und endet als Märchen. Klingt verwirrend bis abschreckend, ist es aber ganz und gar nicht. Regisseur Charles Laughton umgeht in seiner einzigen Regierarbeit geschickt die Probleme, die andere Thriller der Nachkriegsjahre häufig haben: platte Stereotype, unglaubwürdige Geschichte, (für heutige Verhältnisse) langweilige Bildsprache. Nicht, dass der Film die ersten beiden Elemente nicht hat, aber sie sind genau den richtigen Tick überzeichnet, um nicht zu langweilen und den Film als das zu nehmen, was er ist: eine Ironie, ein Märchen, eine schwarze Komödie.

Hilfreich sind dabei die guten Schauspieler, allen voran Robert Mitchum als Priester (gleichzeitig auch Co-Regisseur nach Angaben der IMDB) und die kleine Sally Jane Bruce als großmäulig-naive Pearl, die das Geld versteckt hält, aber wie alle älteren Frauen des Films auch dem Priester, für sie eine Vaterfigur, zu Füßen liegt. Mitchum wandelt den Priester vom Frauenversteher zum kriminellreligiösen Fanatiker, auf dessen Fingergelenken die Worte LOVE und HATE tätowiert sind: gerissen, abgeklärt, ambivalent und trotzdem von so einem widerlichen Charme, dass man bei seinem Anblick glaubt, ständig in einem Schalgoberstopf zu tauchen. Eine Parodie auf den Verbrecher Harry Powers (sogar ähnlich sehen sich die beiden), auf dessen wahrer Geschichte der Film basiert. Und ein sarkastischer Vorgriff auf Andre Gregorys Reverend Spellgood im 31 Jahre späteren Mosquito Coast und Jack Nicholsons Psychopath in Shining.

Die Bildsprache ist phantasievoll bis expressionistisch. Die Häuser der Stadt sind Kulisse, fern der Realität und deshalb verdichtete Versionen des Umfelds, aus dem Laughton seine Geschichte erzählen will. Die Stadt als komprimierter Ort des Vergnügens, der Neonreklamen, der Lust und der Gefahr für die Moral junger Mädchen. Daneben die ruhigen Bilder der Flucht, auf die sich die beiden heranwachsenden Kinder begeben: Eine lineare Reise auf einem Ruderboot flussabwärts, inszeniert wie ein Scherenschnitt: die Ebenen der Böschung, schwarz, das glänzende Grau des Flusses, dahinter schemenhaft die immer präsente Bedrohung, der einsame Mitchum, Outlaw auf einem Pferd. Es sind meditative Bilder, detail- und tierverliebt, wenn Eulen und Häschen die Nacht zur Idylle zwischen Bilbos Auenland und Alices Wunderland machen und sich wenig später schon die todbringende Realität offenbart. Märchenhafte Momente im besten Sinn.

Was will die religiöse Moralbotschaft, die der Film neben diesen Bildern immer wieder aufdringlich vermittelt? Es kann wohl kaum ein ernstgemeinter Appell sein, wenn die strenge Ersatzmutter vor den Kindern bedeutungstriefend die Bibel zitiert, während vor dem Fenster der Priester als gefallener Engel mit dem Messer in der Tasche wartet. Schlimmstenfalls ist es der missratene Versuch eines Once-in-a-lifetime-Regisseurs, dem Film eine Bedeutung über die Unterhaltung hinaus zu geben. Bestenfalls ist es aber der Versuch, ein echtes Märchen zu erschaffen. Mit Botschaft, klar, deutlich und überzeichnet. Damit antiquiert und eben deshalb liebenswert.

Dramaturgie: +
Sex: o
Bilder: +
Story: o
Musik: +
Schauspiel: +
Durchblick: +
Humor: +

Flattr this!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Website